Bezeichnung eines Richters als „Lügner“ und „Krimineller“ strafbar?

Eine Äußerung ist als sog. Schmähkritik dann nicht mehr von Art 5 I S.1 GG gedeckt, wenn – auch beim “Kampf ums Recht” – nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. vgl. BVerfG, Beschl. v. 28.07.2014.

Es kommt nicht selten vor, dass der Staatsanwalt/ Richter dem Zeugen/ Angeklagten vorwerfen eine Lügengeschichte zu erzählen. Es ist aber noch kein Richter oder Staatsanwalt auf die Idee gekommen sich für die Strafbarkeit einer solchen Phrase einzusetzen. Anders sieht es aber aus, wenn der Spieß umgedreht wird, wenn also der Zeuge/ der Angeklagte den Drang verspürt einen Richter als „Lügner“ und „Kriminellen“ bezeichnen zu wollen. Daraus kann ganz schnell ein Strafverfahren „gestrickt“ werden. In dem konkreten Fall ist der Angeklagte, welcher sich gegenüber dem Gerichtspräsidenten über einen vorsitzenden Richter schriftlich empörte, von dem Vorwurf der Beleidigung (§ 185 StGB) freigesprochen worden. Die Staatsanwaltschaft gab sich nicht zufrieden und ging in die Revision, welche vom OLG Celle im OLG Celle, Urt. V. 27.03.2015 -31 Ss 9/15– verworfen wurde. Es blieb beim Freispruch.

OLG Celle führt hierzu aus:
“Die Bezeichnung eines Richters als „Lügner“ und „Krimineller“ im Rahmen einer Dienstaufsichtsbeschwerde stellt keine strafbare Beleidigung dar, wenn die Äußerung sich als Schlussfolgerung sachlich vorgetragener Umstände darstellt, aus Sicht des Handelnden im „Kampf ums Recht“ seinem Anliegen in der Sache dient und der Ehrenschutz des betroffenen Richters bei einer vorzunehmenden Gesamtabwägung hinter der Meinungsfreiheit des Äußerers zurücktreten muss.”

In einem abschließenden Hinweis teilt das OLG mit:
“Der Senat erlaubt sich abschließend und vorsorglich aber den klarstellenden Hinweis, dass die auf diesen Erwägungen beruhende Bestätigung des Freispruchs allein auf der konkreten Situation im vorliegenden Verfahren und den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen im Einzelfall beruht und dies nicht bedeutet, dass ein bzw. der hier betroffene Richter sonst straflos als Lügner oder Krimineller bezeichnet werden darf.”

Ein Glück für den Angeklagten, dass die OLG Richter seine Ansichten teilten.