Jobcenter muss Familie Fahrtkosten zu inhaftiertem Vater zahlen

Jobcenter zahlt Fahrtkosten

Jobcenter muss Familie Fahrtkosten zu inhaftiertem Vater zahlen

 

Kinder aus Hartz-IV-Familien haben für Besuche bei ihrem im Gefängnis einsitzenden Vater Anspruch auf Erstattung der Fahrtkosten. Die für das Umgangsrecht anfallenden notwendigen Kosten stellen einen laufenden besonderen Bedarf dar, der vom Jobcenter zu erstatten ist, entschied das Sozialgericht Ulm in einem aktuell veröffentlichten Beschluss vom 23. Oktober 2013 (Az.: S 8 AS 3164/13 ER).

Im konkreten Rechtsstreit hatte eine im Hartz-IV-Bezug stehende Mutter beim Jobcenter Alb-Donau einen sogenannten Mehrbedarf für den Umgang ihrer zweijährigen Tochter mit ihrem Vater beantragt. Dieser sei bis voraussichtlich Weihachten 2016 im Gefängnis. Für die Besuche fielen monatliche Benzinkosten von 80 Euro an.

Doch das Jobcenter lehnte dies ab. Ein besonderer Bedarf liege nicht vor, da die Tochter die meiste Zeit bei ihrer Mutter verbringe und daher keine Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrechts entstünden. Außerdem sei die räumliche Trennung zum Vater nur vorübergehend und stelle daher keinen „laufenden Bedarf“ dar. Besonders notwendig sei der Umgang mit dem Vater ebenfalls nicht, da ein zweijähriges Kind sich später ohnehin nicht an die Besuche bei seinem Vater erinnern könne, begründete die Behörde ihre ablehnende Entscheidung.

Das Sozialgericht Ulm reagierte mit „Befremden“ auf diese Argumente. Die Mutter habe Anspruch auf Kostenerstattung für die Wahrnehmung des Umgangsrechts des Kindes mit seinem Vater – und zwar 20 Cent für jeden mit dem eigenen Pkw gefahrenen Kilometer.

Die Ulmer Richter ordneten an, dass das Jobcenter bis zum Abschluss des Hauptverfahrens monatlich die Kosten von bis zu fünf Besuchen übernehmen muss. Unter Umständen seien auch weitere Besuche erstattungspflichtig, wenn beispielsweise die Justizvollzugsanstalt und Inhaftierte an dem vom Land geförderten „Eltern-Kind-Projekt Chance“ teilnehmen. Dann könnten weitere Besuche zur Aufrechterhaltung des Eltern-Kind-Kontaktes bewilligt werden.

Die Besuche des Kindes bei seinem Vater führten zu einem „besonderen unabweisbaren laufenden Bedarf“, der vom pauschalen Hartz-IV-Regelsatz nicht abgedeckt ist, betonte das Sozialgericht. Das Kind habe ein Recht auf Pflege und Erziehung durch beide Elternteile. Der Bedarf sei bei einem voraussichtlichen Haftende am 25. Dezember 2016 auch nicht nur vorübergehend.

Das Argument des Jobcenters, dass das zweijährige Kind wegen seines Alters sich später nicht an den Kontakt mit seinem Vater erinnern könne, widerspreche zudem allen entwicklungspsychologischen Erkenntnissen. Eine solche Auffassung sei weder „entwicklungspsychologisch noch verfassungsrechtlich auf der Höhe der Zeit“, stellte das Gericht klar. Für die Bindung eines Kindes zu einem Erwachsenen sei der Kontakt gerade in den ersten Lebensjahren entscheidend.

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